Die individuelle Krisenvorsorge stärken
(kunid) Pandemie, Cyber- und Terrorattacken bleiben aktuell prioritäre Risiken, sagt Generalmajor Johann Frank. Ein bedeutendes Risiko ist aber auch ein großer Blackout, ein solcher wird von Experten innerhalb von fünf Jahren erwartet. Die sicherheitspolitische Lage an sich hat sich in den letzten Jahren verschlechtert.
Generalmajor Johann Frank rät, sich im Krisenmanagement auf ein breites Spektrum an Herausforderungen einzustellen – und vor allem auch individuelle Eigenverantwortung wahrzunehmen.
Die Sicherheitslage Europas hat sich „in den letzten Jahren spürbar verschlechtert“, sagte Frank, Leiter des Instituts für Friedenssicherung und Konfliktmanagement im Bundesministerium für Landesverteidigung, bei einem Expertentreffen im burgenländischen Trausdorf.
Die „Phase des relativen Friedens“ nach dem Ende des Kalten Krieges ist zu Ende gegangen und Österreich sei „leider keine Insel der Seligen“. So sei etwa der Westbalkan unbefriedet und von Europa „eher wieder weggerückt“, während andere Kräfte das „Vakuum“ ausnützen.
Staat kann Sicherheitsvorsorge nicht alleine abdecken
In Summe ist zwar akut keine unmittelbare Bedrohung auszumachen, nichtsdestoweniger ist Österreich diesen Herausforderungen „tagtäglich ausgesetzt“, oft „unterhalb der Schwelle der öffentlichen medialen Wahrnehmung“.
Notwendig ist daher die Einbeziehung jedes Einzelnen, der wieder mehr Verantwortung für die eigene Sicherheit übernehmen muss, weil staatliche Organisationen nicht alles abdecken können.
Nicht nur auf „den letzten Krieg“ vorbereiten
Dabei wird es darauf ankommen, in der Sicherheitsvorsorge nicht den Fehler zu machen, sich gerade auf „den letzten Krieg“, auf die zuletzt erlebte Krise – aktuell die Pandemie – vorzubereiten. Eine der wesentlichen Lehren aus der Pandemie ist, „dass wir nicht wissen, welche genau die nächste Krise sein wird, die Europa und Österreich erfasst“.
Was man aber voraussagen kann: Dass Krisen, auch schwerwiegende, wieder eintreten werden. Das zeigt der Blick in die Geschichte. Und dass es wahrscheinlich eine Krise sein wird, die uns wieder überraschen wird.
Drei große Risikogruppen
Zur den „souveränitätsgefährdenden“ Risiken gehören etwa „hybride Bedrohungen“, worunter der kombinierte Einsatz unterschiedlicher Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen zu verstehen ist.
Das kann von Desinformation bis zum Militäreinsatz reichen. Auch Cyberangriffe auf strategische Infrastruktur oder demokratische Systeme wie Wahlprozesse sind potenziell souveränitätsgefährdende Akte.
An „resilienzgefährdenden“ Risiken gibt es Pandemien, Blackouts, Großschadenereignisse, illegale Massenmigration und Bedrohung kritischer Infrastruktur.
Die dritte Gruppe sind internationale Krisen und Konflikte. Der nächste Ausbruch eines regionalen Konflikts in Europas Nachbarschaft ist „nur eine Frage der Zeit“. Die größte Sorge bereitet Westafrika, weil sich der Terrorismus merklich dorthin verlagert hat.
Risiken mit Eigendynamik in wechselseitiger Beziehung
Was die Analysen noch komplizierter macht: Diese Risiken stehen nicht nebeneinander, sondern in wechselseitiger Beziehung, und tragen schwer vorhersehbare Eskalationsdynamiken in sich.
Zudem gibt es politische Akteure, die gezielt solche Risiken auslösen und damit Chaos und Unsicherheit verursachen, weil sie sich davon versprechen, in einer solchen Situation ihre eigenen Interessen besser durchsetzen zu können.
Blackout innerhalb von fünf Jahren wahrscheinlich
Auf der Risiko-Liste für 2021 steht nach wie vor die Corona-Pandemie, weitere Risiken sind Cyber- und Terrorattacken sowie Blackouts. Experten zufolge ist ein Blackout nur eine Frage der Zeit. Mit einem größeren Blackoutereignis ist „innerhalb von fünf Jahren“ zu rechnen.
Wenn man sich vor Augen hält, dass sich nur ein Drittel der Bevölkerung für vier Tage selbst versorgen kann und spätestens nach sieben Tagen zwei Drittel ohne Grundversorgung wäre, dann kann man sich ungefähr ausmalen, was das für Fragen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bedeuten würde.
Mehr Konfrontation, Konflikttreiber Klimawandel
Eingebettet sind diese Risiken in die große geopolitische Wetterlage. Viele sprechen schon von einem Kalten Krieg 2.0 zwischen den USA und China.
Nicht unterschätzen darf man die Auswirkungen des Klimawandels auf die Sicherheitspolitik. Studien zeigen, dass eine Erwärmung um ein halbes Grad die Konfliktwahrscheinlichkeit in einer Krisenregion wie etwa Westafrika um 10 bis 20 % erhöht.
All diesen Risiken ist gemein, dass es kaum Vorwarnzeiten gibt, aber eine hohe Eskalationsdynamik; das Ganze kombiniert mit einer „enormen Technologieentwicklung“, Stichwort Drohnen.
Dazu kommt eine zunehmende „eigene Verwundbarkeit“ in einer international vernetzten Gesellschaft, beispielsweise angesichts der Auslagerung wichtiger Produktionsbereiche. Kurzum: die zivile und individuelle Krisenvorsorge gehört unbedingt ausgebaut.