Österreich trotzt bei Geldvermögen dem internationalen Trend
(kunid) Erstmals seit der Finanzkrise geht das weltweite Vermögen zurück. Die Gründe dafür sind globale Handelskonflikte, der Spar-Boom in den USA und Schuldenprobleme in China. In Österreich hingegen legte das Geldvermögen im Vorjahr sogar leicht zu. Die Gründe dafür im Folgenden.
Der aktuelle Allianz Global Wealth Report kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Im vergangenen Jahr kam es zu einer „traurigen Premiere“: Erstmals sind 2018 die Geldvermögen sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern zurückgegangen. Dies war nicht einmal am Höhepunkt der Finanzkrise 2008 der Fall.
Die Reaktion der Börsen fiel dementsprechend aus: Global gaben die Aktienkurse im Vorjahr um etwa 12 % nach. Dies schlug direkt auf die Vermögensentwicklung durch: Die Brutto-Geldvermögen der privaten Haushalte gingen um 0,1 % zurück und stagnierten bei 172,5 Billionen Euro.
Dazu Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz: In den Zahlen zur Vermögensentwicklung zeigt sich dabei deutlich: Handel ist kein Nullsummenspiel. Entweder gewinnen alle oder es verlieren alle wie im letzten Jahr. Ein aggressiver Protektionismus kennt keine Gewinner.“
Österreich: Leichtes Vermögenswachstum gegen den Trend
Das Brutto-Geldvermögen der österreichischen Haushalte legte 2018 entgegen dem weltweiten Trend allerdings um 1 % zu. Zwar verzeichneten die österreichischen Sparer damit das schwächste Wachstum in den vergangenen sieben Jahren, aber sie zählten immerhin zu den wenigen europäischen Sparern, die überhaupt einen Zuwachs erzielen konnten, kommentiert Martin Bruckner, Chief Investment Office der Allianz Gruppe in Österreich.
Getragen wurde dieser Zuwachs allein von den Bankeinlagen, die mit 4,9 % nicht nur kräftig stiegen, sondern auch knapp 90 % aller frischen Anlagegelder anzogen. Damit wurden die Österreicher ihrem Ruf als ultra-vorsichtige Anleger erneut gerecht.
Die beiden anderen Wertpapierklassen, Wertpapiere wie Aktien und Investmentfonds sowie Versicherungen und Pensionen, gingen um 2,7 % bzw. 0,9 % zurück. Die privaten Verbindlichkeiten stiegen mit 3,0 % wieder etwas stärker als im Vorjahr (1,8 %).
Von einem Kreditboom ist Österreich dennoch so weit entfernt wie eh und je: Mit 50,5 % lag die Schuldenstandsquote so niedrig wie seit 15 Jahren nicht mehr. In Westeuropa sind mittlerweile nur die Iren noch Schulden-disziplinierter, der westeuropäische Durchschnitt lag Ende 2018 bei 74,1 % und damit etwa um die Hälfte höher als in Österreich.
Ranking: Österreich weiterhin auf Platz 16 der reichsten Länder
Netto erhöhte sich das Geldvermögen in Österreich 2018 minimal um 0,3 % – damit bleibt es weit unter dem Durchschnitt der letzten sieben Jahre (3,8 %), wie der Allianz Global Wealth Report zeigt.
Mit einem Netto-Geldvermögen pro Kopf von 53.980 € belegt Österreich unverändert den 16. Platz, und liegt zwei Ränge vor Deutschland. Österreich gehört damit – neben den Niederlanden – zu den wenigen Euroländern, die ihre Position seit der Jahrtausendwende leicht verbessern konnten.
Kräftig abgerutscht sind seit damals Italien (-10 Plätze), Großbritannien (-7 Plätze) oder Frankreich (-5 Plätze), während Singapur (+13 Plätze) und Taiwan (+10 Plätze) sowie Schweden (+6 Plätze), Australien (+5 Plätze) und Südkorea (+ 5 Plätze) zu den großen Gewinnern der letzten beiden Jahrzehnte zählen.
An der Spitze des Rankings haben die USA die Schweiz wieder abgelöst, nicht zuletzt aufgrund des starken Dollars.
Paradoxes Sparverhalten
Die weltweiten Mittelzuflüsse stiegen um 22 % auf einen neuen Rekordwert von über 2,7 Billionen Euro. Dafür zeichnete allerdings allein die Entwicklung in den USA verantwortlich: Dank der Steuerreform konnten die US-Haushalte ihre Sparanstrengungen um 46 % steigern; damit entfallen etwa zwei Drittel aller Ersparnisse in den Industrieländern auf die Vereinigten Staaten.
Die Präferenz für liquide und vermeintlich sichere Bankeinlagen kommt die Haushalte aber teuer zu stehen: Allein im letzten Jahr dürften sich die Vermögensverluste durch Inflation auf annähernd 600 Mrd€ summiert haben.
„Es herrscht ein paradoxes Sparverhalten“, betont Martin Bruckner. „Viele sparen mehr, weil sie einen längeren und aktiveren Lebensabend erwarten. Gleichzeitig aber lassen sie die Produkte, die eine wirksame Absicherung im Alter versprechen, wie etwa Lebensversicherungen, links liegen.“
Offensichtlich würde der Niedrigzins die Bereitschaft zu langfristig orientiertem Sparen weiter untergraben. Dabei brauche die Weltwirtschaft „nichts dringender“ als Langfristsparer und -investoren, um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen, so Bruckner abschließend.